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Von vielen Menschen gebaut

Das Gebäude der Hermann-Leeser-Realschule in Dülmen


Wenn man von Münster Richtung Ruhrgebiet durch die Kleinstadt Dülmen fährt, kommt man zwangsweise an dem Gebäude der heutigen Hermann-Leeser-Schule vorbei. Es fällt auf mit dem Sandstein, seinem Uhrturm und dem Erker im Erdgeschoss. Es ist eines der wenigen noch teilweise erhaltenen Gebäude, das nicht im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Dülmen ein kleines Landstädtchen, geprägt von Landwirtschaft und Handwerk. Eine blühende Textilindustrie hat jedoch stetig eine Schicht wohlhabender Bürger entstehen lassen, die eine angemessene Schule für ihren Nachwuchs forderten. Der preußische Staat verweigerte dies jedoch und so nahmen die münsterländer Trotzköpfe den Bau eines Schulgebäudes selbst in die Hand. Sie engagierten einen Schüler des berühmten Künstlers Henry van de Velde, nämlich den Architekten Hermann Wolters, der an Weimars Bauakademie (genannt „Bauhaus“) studiert hatte.

Im Jahr 1914 war der Bau dann fast fertig gestellt, als der Erste Weltkrieg begann. Und so mussten die Dülmener erstmal weiterhin auf ihre neue Schule warten. Das Gebäude war nun eine Unterkunft für neu aufgestellte militärische Truppen und wurde danach dann als Kriegsgefangenenlager genutzt. Unter anderem lebten hier auch inhaftierte Franzosen, die – neben dem Bau der ersten Kanalisation - für die Verzierung über dem Eingangsportal verantwortlich waren. Allerdings wurde diese – bis heute – nicht fertig gestellt, da die Gefangenen 1916 das Gebäude verließen. Im selben Jahr war es dann so weit: Das Dülmener Gymnasium bezog die (nicht ganz fertigen) Schulräume. Im März 1945 befand Dülmen sich im Bombenhagel, nahezu die ganze Stadt wurde zerstört. Darunter auch ein Großteil des Schulgebäudes. Nur der Turm und der Nord-Ost-Flügel blieben erhalten. Hier sammelten sich nun nach Kriegsende polnische Zwangsarbeiter. An dem Fahnenmast auf dem Schuldach, an dem die schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreichs, die schwarz-rot-goldene der Weimarer Republik, dann die Hakenkreuzfahne des Nationalsozialismus wehten, hissten nun die freigewordenen Menschen aus Polen ihre weiß-rote Fahne. Nachdem diese den Bau verließen, richtete sich die örtliche Sparkasse im verbleibenden Gebäude ein. In den Jahren 1950-52 wurde es schließlich sehr vereinfacht wieder aufgebaut und das Gymnasium hatte seine Schule zurück. Im Jahr 1973 bezog die Städtische Realschule für Jungen und Mädchen die Schulräume, welche seit 1987 den Namen eines jüdischen Textilfabrikanten aus Dülmen trägt, der durch seinen Freitod seine Familie vor dem Holocaust rettete: Hermann Leeser. (Autorin: Beena Julia Shaikh)

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